| ← | Reinhard Mey | → |
| h | E | h | F♯⁷ | |
| Sie s | agten, er käme von N | ürnberg her und er spr | äche kein Wort. |
| Auf dem Marktplatz standen sie um ihn her und begafften ihn dort. |
| D | h | |
| Die e | inen raunten: „Er ist ein Tier“, die a | ndern fragten: „Was will der hier?“ |
| E | A | D | f♯ | h | |
| Und d | ass er sich doch zum T | eufel scher'. „So j | agt ihn doch fort, | so j | agt ihn doch fort!“ |
| Sein Haar in Strähnen und wirre, sein Gang war gebeugt. |
| „Kein Zweifel, dieser Irre ward vom Teufel gezeugt.“ |
| Der Pfarrer reichte ihm einen Krug voll Milch, er sog in einem Zug. |
| „Er trinkt nicht vom Geschirre, den hat die Wölfin gesäugt!“ |
| Mein Vater, der in uns'rem Orte Schulmeister war, |
| Trat vor ihn hin, trotz böser Worte rings aus der Schar; |
| Er sprach zu ihm ganz ruhig, und der Stumme öffnete den Mund |
| Und stammelte die Worte: „Heiße Kaspar“. |
| Mein Vater brachte ihn ins Haus, „Heiße Kaspar!“ |
| Meine Mutter wusch seine Kleider aus und schnitt ihm das Haar. |
| Sprechen lehrte mein Vater ihn, lesen und schreiben, und es schien, |
| Was man ihn lehrte, sog er in sich auf – wie gierig er war! |
| Zur Schule gehörte derzeit noch das Üttinger Feld, |
| Kaspar und ich pflügten zu zweit, bald war alles bestellt; |
| Wir hegten, pflegten jeden Keim, brachten im Herbst die Ernte ein, |
| Von den Leuten vermaledeit, von deren Hunden verbellt. |
| Ein Wintertag, der Schnee lag frisch, es war Januar. |
| Meine Mutter rief uns: „Kommt zu Tisch, das Essen ist gar!“ |
| Mein Vater sagte: „... Appetit“, ich wartete auf Kaspars Schritt, |
| Mein Vater fragte mürrisch: „Wo bleibt Kaspar?“ |
| Wir suchten, und wir fanden ihn auf dem Pfad bei dem Feld. |
| Der Neuschnee wehte über ihn, sein Gesicht war entstellt, |
| Die Augen angstvoll aufgerissen, sein Hemd war blutig und zerrissen. |
| Erstochen hatten sie ihn, dort am Üttinger Feld! |
| Der Polizeirat aus der Stadt füllte ein Formular. |
| „Gott nehm‘ ihn hin in seiner Gnad“, sagte der Herr Vikar. |
| Das Üttinger Feld liegt lang schon brach, |
| Nur manchmal bell‘n mir noch die Hunde nach, |
| Dann streu‘ ich ein paar Blumen auf den Pfad, für Kaspar. |